Fischabstieg Grosswasserkraft: VAR-Pilotprojekte an den Wasserkraftanlagen Bannwil und Wildegg-Brugg

Für die gesetzlich vorgeschriebene Sanierung des Fischabstiegs bei grösseren Flusskraftwerken gibt es bis heute keinen Stand der Technik. Bereits 2011 lancierte der Verband Aare-Rheinwerke (VAR) ein erstes Forschungsprojekt zur «Gewährleistung eines schonenden Fischabstiegs an grösseren mitteleuropäischen Flusskraftwerken», welches 2015 mit der Dissertation «Leitrechen an Fischabstiegsanlagen – Hydraulik und fischbiologische Effizienz» abgeschlossen wurde. Dieses Projekt hat auf Stufe Labor interessante Erkenntnisse geliefert, gleichzeitig sind aber viele neue Fragen aufgetaucht: einerseits zur technischen Umsetzbarkeit bei grossen Flusskraftwerken und andererseits zum grossräumigen Wanderverhalten der Fische in unseren Gewässern.

Für die weiteren Untersuchungen zum Fischabstieg an grossen Flusskraftwerken hat der VAR zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt und den betroffenen Kantonen ein Folgeprojekt von gesamtschweizerischer Bedeutung lanciert. Die Zielsetzung bestand in der Prüfung der Machbarkeit von Leitrechen-Bypass-Systemen an konkreten Fallbeispielen sowie in der Untersuchung des Fischverhaltens, weiterer Abwanderkorridore und Verletzungsraten. Folgende zwei Schlüsselfragen standen im Vordergrund:

Sind Leitrechen-Bypass-Systeme an grossen Flusskraftwerken technisch umsetzbar und wenn ja, zu welchen Kosten?

Gibt es kosteneffizientere Alternativen für den schonenden Abstieg und wenn ja, welche?

An zwei repräsentativen Kraftwerken wurde je ein technisches Vorprojekt für den Einsatz eines Leitrechen-Bypass-Systems erarbeitet, welches Klarheit über die Machbarkeit und die erwarteten Kosten gebracht hat. Zusätzlich wurden verhaltensbiologische Untersuchungen mittels Radiotelemetrie und akustischer Telemetrie durchgeführt, um weitere Erkenntnisse bezüglich des Fischverhaltens zu sammeln, welche insbesondere für die Weiterentwicklung von alternativen Fischabstiegsmassnahmen relevant sind.

Im April 2024 wurde ein Synthesebericht veröffentlicht, der die Resultate aus den beiden Pilotversuchen zusammenfasst. Dieser Synthesebericht und alle anderen Schlussberichte dieses Projekts können über die Homepage des SWV/VAR heruntergeladen werden. Zusätzlich wurden im Juni 2024 die allerwichtigsten Erkenntnisse dieses Projekts in diesem kompakten Artikel (S. 75-81) in der Fachzeitschrift Wasser, Energie, Luft veröffentlicht.

Mit den technischen Vorprojekten konnte gezeigt werden, dass Leitrechen-Bypass-Systeme mit Bar Racks bei beiden Kraftwerken technisch machbar sind. Die Gesamtkosten inkl. den betrieblichen Folgekosten über 40 Jahren liegen im hohen zweistelligen Millionenbereich und sind deshalb kaum verhältnismässig. Zudem sind noch einige Fragen bezüglich des Betriebs und der biologischen Leitwirkung offen.

Die zwei durchgeführten Telemetriestudien haben u.a. gezeigt, dass absteigende Fische die Kraftwerke als Hindernis wahrnehmen, nach Abstiegskorridoren suchen und anschliessend grösstenteils entweder im Oberwasser verbleiben oder über die Turbinen absteigen. Im Rahmen dieses Projekts wurden auch alternative Fischabstiegsmassnahmen bezüglich ihrer Eignung für die beiden Kraftwerke beschrieben. An den beiden untersuchten Standorten empfiehlt das Projektteam entweder die geplanten Leitrechen-Bypass-Systeme weiter zu verfolgen oder ausgewählte Alternativmassnahmen zu vertiefen. Somit gibt es zwar nach wie vor keinen Stand der Technik für den Fischabstieg bei grossen Flusskraftwerken, aber teilweise vielversprechende Ansätze, welche in Folgeprojekten untersucht werden können.

Synthesebericht

Ergänzungsstudie

Alle Projektunterlagen

WEL-Artikel (S.75-81)